Haushaltsrede 2026

von Martin Lind, Stadtrat Bündnis 90/Die Grünen

18.12.2025 | vor 13 Stunden, 44 Minuten

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,

der heute vorliegende Haushaltsentwurf ist kein Haushalt, der alle unseren grünen Vorstellungen erfüllt. Das ist er in dieser Form auch schon seit einigen Jahren nicht. Trotzdem – und das möchte ich gleich zu Beginn klar sagen – werden wir von Bündnis 90/Die Grünen diesem Haushalt zustimmen.

Wir tun das, weil wir erneut bereit sind, einen Kompromiss mitzutragen, der unsere Stadt handlungsfähig hält. Gerade in Zeiten multipler Krisen halten wir es für richtig, notwendige Investitionen nicht weiter aufzuschieben.

Der Haushalt ist nicht ausgeglichen, der Fehlbetrag im Ergebnishaushalt beträgt rund 2,3 Mio Euro. Für Investitionen sind Kreditaufnahmen in Höhe von etwa 6,6 Mio Euro vorgesehen. Investitionsschulden sind aus unserer Sicht kein Selbstzweck, aber auch kein Tabu,  wenn sie sinnvoll, nachhaltig und generationengerecht eingesetzt werden.

Positiv hervorheben möchten wir ausdrücklich die Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED-Leuchtmittel. Das ist ein konkreter Beitrag zu Klimaschutz, Energieeinsparung und langfristiger Entlastung des Haushalts. Solche Maßnahmen zeigen, dass ökologische Verantwortung und solide Finanzpolitik zusammengehören.

Kritisch sehen wir weiterhin das geplante Neubaugebiet K7. Kandel braucht ohne Zweifel erschwinglichen Wohnraum – für Familien, junge Menschen, Ältere und viele weitere Zielgruppen – doch die Ausweisung eines derart großen Neubaugebiets ist aus unserer Sicht nicht die richtige Antwort. Neue Baugebiete dieser Größenordnung schaffen in der Praxis meist keinen bezahlbaren Wohnraum, sondern bedienen vor allem Käuferinnen und Käufer mit viel Geld. Ohne eine kommunale Wohnbaugesellschaft oder eine wirksame Steuerung bleibt sozial gefördertes Wohnen eine Hoffnung – aber keine Garantie. Gleichzeitig würden rund 20 Hektar wertvoller Ackerboden irreversibel versiegelt. Das ist werder ökologisch noch langfristig verantwortbar.

Hinzu kommen erhebliche Folgekosten: Erschließung, Abwasser, Wasser, Verkehr, Kita- und Schulplätze belasten die Haushalte dauerhaft, gerade in einer ohnehin angespannten Finanzlage. Auch ökologische Risiken, wie eine höhere Belastung des Kanalsystem, der Kläranlage und zunehmenden Starkregenprobleme müssen berücksichtigt werden.

Wir setzen deshalb auf Alternativen:

  • Vorrang für Innenentwicklung,
  • Nutzen von Leerständen,
  • Nachverdichtung und Umnutzung bestehender Flächen.

So kann neuer Wohnraum entstehen, ohne Natur und Landwirtschaft zu zerstören. Gleichzeitig stärken wir damit die Kernstadt. Kandel darf keine „Donut-Stadt“ werden – mit leerer Innenstadt und immer weiter versiegelten Stadträndern.

Auch im Bereich Radverkehr bleibt der Haushalt hinter den Notwendigkeiten zurück. Weder die Sanierung des Radweges nach Minderslachen noch die Strecke über den Bachweg nach Oberkandel finden sich wieder. Der Radweg entlang der Landauerstr. ist zwar nutzbar, aber in einem Zustand, der vielen Menschen das Radfahren faktisch verleidet. Wenn wir den Umweltverbund ernst nehmen, müssen hier künftig stärkere Akzente gesetzt werden.

Trotz dieser Kritikpunkte sehen wir unsere Verantwortung darin, konstruktiv mitzuwirken und die Entwicklung unserer Stadt nicht zu blockieren. Zugleich verbinden wir unsere Zustimmung mit der klaren Erwartung, dass ökologische, soziale und nachhaltige
Stadtentwicklung in den kommenden Haushalten stärker in den Mittelpunkt rücken.

Vielen Dank.

 
 

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